Wieder ein Eintrag in meine Blogserie «Ghost of Done», in der ich mehr oder weniger raffiniert Ideen in den Äther werfe, damit ich meinen Kopf wieder freibekomme. 😄 Diese hier hat mir einiges an Schlaf geraubt.
Topmoderne Industriemaschinen scheinen des Öfteren zur Parallelität zu greifen, um den Durchsatz zu erhöhen. Anstatt gewisse Baugruppen zu beschleunigen, werden mehr Baugruppen zugefügt oder das Haltevermögen erhöht. Meines Erachtens liegt dies an der Limitation von Beschleunigung. Bearbeitungsstationen sind oft fixiert, während das Produkt bewegt wird. Dies resultiert darin, dass der Durchsatz einer Bahn durch die Bearbeitungszeit der langsamsten Station und der langsamsten Dynamik in der Sequenzkette limitiert ist.
Somit nicht überraschend, dass die Industrie hier zu Parallelität greift. Gibt es jedoch weitere Möglichkeiten?
Am Beispiel einer Beutelverpackungsanlage will ich hier meine Vorstellung präsentieren welche grosse Durchsätze pro Bahn erreichen könnte.
Im folgenden Beispiel werden mehrere Förderbänder formgleicher, jedoch von unterschiedlichem Inhalt, an Beutel von Förderbändern der Maschine zugeführt. Danach werden diese anhand Rezept angeordnet, zusammengedrückt, in eine Schachtel geschoben, die Schachtel wird verschlossen und dann von der Maschine ausgegeben. Betreffend möglicher Formate sollten die Beutel immer die gleichen Masse haben. Pakete können, je nach Format, unterschiedliche Grössen haben und eine variable Anzahl Beutel in einer variierenden Anzahl Reihen pro Schachtel oder Schachteln pro Paket aufnehmen.
Das Aufrichten und Verschliessen des Kartons wird hier nicht weiter im Detail berücksichtigt.
Es wird festgelegt, dass die Beutel ausreichend parallel zum Förderband liegen und in einer beliebigen Anzahl Reihen in der Maschine ankommen müssen.
- Die Position der Beutel wird per Kamera oder Sensoren aufgenommen.
- Kleine Beckhoff XPlanar Mover bewegen sich in Position unterhalb von Fallschächten, aus denen Beutel erwartet werden.
- Die Beutel fallen über eine grosszügig dimensionierte Rolle in Fallschächte und werden somit begradigt und aufgerichtet. Sensoren erkennen den genauen Zeitpunkt, wenn Beutel unten herausfallen.
- Die Beutel werden von den Movern aufgefangen. Das Werkzeug auf dem Movern hat eine Aussparung, welche Bewegungen der Beutel während der Fahrt limitiert. Die Beutel stehen senkrecht im Werkzeug auf dem Mover.
- Als Nächstes kommen die Beutel in eine Kette, welche die Beutel weitertransportiert. Die Kette kann physisch bestehen oder virtuell, ein Beckhoff XTS System, sein.
- Die XPlanar Mover reihen sich ein und fangen die richtige Stelle in der Kette ab. Die korrekte Produktanordnung in der Kette wird zu diesem Zeitpunkt hergestellt.
- Ein Finger am Werkzeug des XPlanar Mover betätigt, ein Element am Werkzeug der Kette. Durch Federkraft klemmt das Kettenwerkzeug den Beutel ein. Dies geschieht bei voller Maschinengeschwindigkeit. Weder die Kette noch die Mover verlangsamen zur Übergabe.
- Jede Station übergibt ihre Variation von Beutel an die richtigen Stellen in der Kette, bis diese voll ist.
- Die volle Kette erreicht die Kantonierung. Eine fixe Platte befindet sich dort unterhalb, knapp auf der Höhe der darüberfahrenden Beutelböden.
- Ein kleines Beckhof XTS System bei der Kantonierung hat abwechselnd Schieber- und Seitenplatten Werkzeuge montiert. Ein Schieber reiht sich zwischen zwei Beuteln der Produktkette ein.
- Eine fixierte Nocke spannt die Werkzeuge an der Produktkette, wenn diese daran vorbeifahren. Dies gibt die Beutel frei, sie fallen auf die Platte und rutschen weiter in Fahrtrichtung der Kette.
- Der Schieber, der sich zuvor mit derselben Geschwindigkeit wie die Kette bewegt hat, verlangsamt nun und schiebt somit die freigegebenen Beutel hinter sich zusammen.
- Die Kette bleibt bei gleicher Geschwindigkeit und die inzwischen leeren Werkzeuge werden mit der Kette wieder zurück zum Anfang gezogen.
- Ein weiterer Schieber reiht sich zwischen den Kettenwerkzeugen ein. Dieser Schieber verhält sich gleich wie der zuvor. Zwischen den Schiebern befinden sich Seitenplatten, welche die Beutel von der XTS Mechanik trennen.
- Die Beutel, die sich jetzt zwischen Schiebern befinden und in Laufrichtung zusammengedrängt werden, werden in zwei weiteren Dimensionen durch fixe Flanken ausgerichtet. Eine von oben und eine seitlich.
- Die Dimensionen des sich bewegenden Beutelpakets entsprechen jetzt dem Raum, der in der Schachtel für dieses vorgesehen ist.
- Ein Beckhoff XPlanar System transportiert die aufgerichteten Schachteln. Die XPlanar Mover reihen sich unterhalb der Beutelformatierung ein und beschleunigen zur Befüllung.
- Die fixe Bodenplatte, Seiten- und Oberflanke auf drei Seiten des Beutelpakets endet. Auf zwei Achsen-Linearantrieben ist eine Seitenplatte sowie eine Ausstossplatte montiert. Beide sind lang genug, um mindestens zwei Beutelpakete zu halten. Diese Befüllungsbaugruppe übernehmen fliessend das Beutelpaket, welches nun nur noch von den Schiebern und den Seitenplatten gehalten wird. Nach unten ist es offen.
- Der XPlanar Mover sowie die Befüllungsbaugruppe synchronisieren sich.
- Die Seitenplatte an der Befüllungsbaugruppe, die Seitenplatte am kleinen XTS System sowie die Schieber geben gleichzeitig das Beutelpaket frei. Es wird nicht mehr zusammengedrückt. Bei den Schiebern wird das durch Befehle an das XTS System selbst durchgeführt, die Seitenplatten können mechanisch oder elektromechanisch angesteuert werden.
- Der Ausstosser schiebt das Beutelpaket kontrolliert in die Schachtel, sodass alle Beutel gleichzeitig die Endposition in der Schachtel erreichen und nicht aneinander vorbeirutschen. Dies erlaubt es auch, unterschiedliche Geschwindigkeiten bei gleichbleibender Schwerkraft zu fahren.
- Für Formate mit mehreren Schachteln pro Paket kann derselbe Mover nachmals zur Befüllung fahren. Für Formate mit einer Schachtel mit mehreren Beutelreihen können Zwischenplatten von der Befüllungsbaugruppe ausgefahren und nach der Befüllung wieder eingefahren werden.
- Die Pakete werden verschlossen.
- Die Pakete werden von der Maschine ausgegeben.
Natürlich ist dies nur eine Fantasie, die sich in meinem Kopf abspielt, und keinerlei Indiz, dass dies auch praktisch funktionieren könnte. Hier haben wir auch nicht wirklich Bearbeitungsstationen. Auch wenn es scheint, dass die Übergaben von einem Transportsystem zum anderen oder auch die Befüllung der Schachteln eine Art Bearbeitung sind, ist es in Wirklichkeit nur Transport. Oder eher: Sie werden von Bearbeitung zu Transport durch die Anwendung von flexiblen Systemen wie XTS und XPlanar. Das Aufrichten und Verschliessen sind eigentlich Bearbeitungsschritte. Aufrichten und Verschliessen habe ich jedoch aussen vor gelassen, da die momentanen Methoden in der Hinsicht nicht der limitierende Faktor zu sein scheinen, sondern eher die Formatierung, der Transport und die Befüllung der Beutel selbst. Bei anderen Maschinen stellt sich jedoch gleich die Frage, ob gewisse Stationen solch einen Durchsatz ohne Parallelität erreichen könnten. Kann etwa eine Abfüllung oder Verschweissung beschleunigt werden? Womöglich. Mit Beckhoffs XTS mit NCT könnten Bearbeitungsstationen bis zu einer gewissen Masse und Leistung selbst auf XTS Systemen montiert werden. Somit steht frei, was schlussendlich bewegt wird.
Dies sicherlich jedoch mit erhöhtem Aufwand und vielen unerwarteten Einflüssen, die bei der Umsetzung dann wohl erscheinen werden.
Auf die gleiche Art kann ich mir auch Abfüllanlagen oder beinahe jegliche Maschine vorstellen. Generell finde ich Motion-Systeme von der Art Beckhoff XTS und XPlanar faszinierend. Ich würde liebend gerne an Projekten teilhaben, welche solche Technologie verwenden.
Gut habe ich das hier abgeladen. Wäre dies nicht der Sinn solch eines Blogeintrages, würde ich noch ewig weitere Maschinen oder ganze Fabriken in meiner Vorstellung fabrizieren. Nun kann ich mich wieder anderen Projekten zuwenden.